Seit der Rückkehr nach der Weltreise haben wir nur noch Kurztrips in Europa unternommen oder sind nach China gefahren, um Verwandte zu besuchen. Umso schöner war es dann Anfang März wieder einmal die Rucksäcke für eine Reise, diesmal nach Marokko zu packen. Die Voraussetzungen dafür waren günstig, der Flug von Wien mit Lauda direkt um einen unschlagbaren Preis. Das Gepäck (bis auf die Babysachen) vernachlässigbar leicht, wenig Regen angesagt und Reisebudget so wie es aussah im günstigen Rahmen. Einzig allein die Corona Situation in Italien gab uns zu denken doch wir hatten uns dann für eine Abreise entschieden.
Zuerst ging es mit dem Zug nach Wien und weiter mit dem Flieger nach Agadir. Am Flughafen werden wir mit dem ersten Corona Check konfrontiert, ich fülle alle Formulare wahrheitsgemäß aus, unter anderem war z.B. ich im Oktober noch in China. Der zuständige Beamte traut sich da nicht ganz drüber und wir werden an die Ärzte Vorort verwiesen. Die lesen nur Oktober auf dem ersten Formular und lachen den Beamten aus, soweit alles gut, wir dürfen einreisen. Im meinem Kopf stell ich mir die Frage was passiert wäre wenn man auch die anderen Formulare überprüft hätte, aber egal. Unser Host Mohammed holt uns vom Flughafen ab, wir kommunizieren in Brocken von Englisch, Spanisch und Französisch und stellen fest, dass der Verkehr hier sehr „tranquillo“ ist. Unsere Unterkunft liegt im 3. Stock eines Wohnblocks, ein Airbnb. Es gibt alles was man benötigt, sogar einen Lift für den Kinderwagen. Draußen ist es staubig. Ums Eck ca. 5 Minuten liegt Souk El Had, der große Markt der Stadt. Hier finden wir Essen, Obst, Gemüse und auch vieles andere zu sehr günstigen Preisen. Am ersten Abend, schon müde von der Reise, essen wir Harira, eine lokale vegetarische Suppe mit Nudeln und Kichererbsen um etwa 0,5€ pro Person. In den folgenden Tagen bleiben wir in der Stadt. Wir machen erste Ausflüge mit dem Bus, besuchen einen kleinen Zoo und natürlich den Strand. Julien ist besonders von den Tieren im Zoo und dem Strand sehr begeistert. Ganz generell ist Reisen mit Baby natürlich anders. Am Anfang war es schwer mit anzusehen wie sich der Kleine in der Mittagshitze in dieser staubigen Umgebung plagt aber spätestens, wenn man dann sieht wie er den Verkäufern im Markt die Tomaten stibitzt oder am Strand herumtollt, dann weis man schon, das passt. Wir haben uns natürlich arrangiert und versucht Dinge zu machen die babytauglich sind aber so ganz genau kann man das im Vorhinein oft nicht sagen. Generell ist zu sagen, dass die Leute (vielleicht gerade wegen des Babys) sehr offen und hilfsbereit waren. So ist es passiert, dass beim Windelwechseln in einer Gasse im Buggy sich plötzlich das Fenster über uns auftut und wir ins Haus eingeladen werden. Der „Boxenstop“ hat dann etwas länger gedauert als erwartet und wir bekamen Tee, Essen und sogar Geschenke. Sollten wir wieder mal nach Agadir kommen wissen wir schon wo wir wohnen werden.
Mit dem Bus ging es weiter nach Essaouria, ebenso einer Küstenstadt wir Agadir. Dort angekommen wurden wir von einer Schweizerin empfangen und fühlten uns in unserer neuen kleinen Bleibe im dritten Stock gleich wie zu Hause. In der alten Innenstadt sind wir nach der Ankunft gleich herumgestreunt aber haben im Reiseeifer die warmen Jacken zu Hause vergessen, was dann am Nachmittag im windigen Essaouria ganz schön kühl wurde. Am Abend bin ich dann noch rausgegangen etwas einzukaufen, zuerst Wasser für den kleinen im Shop ums Eck und dann nochmals Frühstück für morgen. Als ich zu unserem Haus zur blauen Tür zurückkomme ist auf einmal das zuvor gekaufte Wasser weg und auch das Fahrrad, das daneben stand, komisch denke ich mir, da hat wohl jemand mein Wasser brauchen können aber bei 0,8€ für 5 Liter soll es mir recht sein. Am nächsten Tag sind wir dann ausgiebig in der Altstadt umhergeschlendert, haben den Hafen angeschaut, die Aussicht von den Burgmauern genossen und so weiter. Leider war Julien wegen dem Wind etwas verkühlt was uns dann dazu bewogen hat am folgenden Tag nach Marrakesch weiterzureisen. Wie wir am Abend dann zurückkommen von der anderen Seite der Straße, schon etwas müde öffne ich die Tür und sehe hurra, meine Wasserflasche und das Fahrrad daneben sind wieder da. Wir gehen also mit Wasser und Buggy in den dritten Stock, aber irgendetwas fühlt sich komisch an. Als wir oben angekommen sind, wissen wir was passiert ist, wir sind im falschen Haus, scheinbar haben hier zwei Häuser den gleichen Haustürschlüssel unten und eine Tür die fast gleich aussieht. Deshalb hatte ich das Wasser am Abend nicht gefunden, hab wohl im Halbdunkeln die falsche blaue Tür erwischt. Nachdem wir dann wieder unsere Unterkunft gefunden hatten, ging es ans packen für die Abreise am nächsten Tag.
Wieder mit dem Bus ging es weiter nach Marrakesch. Diesmal nicht mit CTM, sondern Supr@tours weil die Abfahrtszeit günstiger war, Preis und Erlebnis sind in etwa gleich. In Marrakesch angekommen werden wir von vielen Taxis empfangen, für 100 Dirham (umgerechnet etwa 10€) würde man uns in die Stadt bringen, ich habe etwas von 30-50 auf Wikivoyage gelesen, unser Host sagt 15-20. Wir verlassen die Menge und ein Taxi bleibt auf der Straße stehen, wir einigen uns auf 30 die anderen Taxler rennen uns schreiend hinterher aber wir sind schon weg, 10 Minuten später sind wir schon da, am zentralen Platz Jemaa el Fna, da haben wir wohl zu viel bezahlt. Später machen wir dieselbe Fahrt für 7. Wir treffen unseren Host und gehen einige kleine Gassen weiter zu unserer Unterkunft. Die Situation stellt sich als nicht ganz sauber und auch nicht babytauglich dar, aber mangels preiswerten Alternativen bleiben wir einige Tage. Wir „verlaufen“ uns vielfach in den Märkten und Gassen, was allerdings hier nicht unterschätzt werden sollte, sind die Motorräder die auch in den engen Gassen einem um die Ohren fahren. Wie bereits in Agadir haben wir auch den Bus verwendet, blöd war dann nur, dass wir den Bus in eine Richtung genommen haben und wir erst beim Zurückfahren informiert wurden, dass wir den Kinderwagen nicht mitnehmen dürfen, da war sogar ein fettes Schild vorne im Bus, das haben wir so nicht erwartet. Julien war von den Pferden sehr angetan, so haben wir eines Abends eine kleine Stadtrundfahrt gemacht. Blöd nur, dass ausgerechnet auf dieser Fahrt der Kleine „gut geschissen“ hatte und alles voll war, also er selbst und die Umgebung. Na ja macht nichts, wir sind die Runde dann in etwas verkürzter Form zu Ende gefahren und haben zu Hause wieder alles gereinigt. Mit dem Zug ging es dann weiter in die Hauptstadt von Marokko, nach Rabat.
Die Zugfahrt war erstaunlich europäisch, bis zu 170km/h, relativ sauber und sogar pünktlich abgefahren sind wir. Hier haben wir erste Menschen mit Masken gesehen und scheinbar auch in den Medien wurde von Infektionsfällen in Marokko berichtet. In Rabat angekommen sind wir uns vom Gefühl her eher in einer spanischen Stadt vorgekommen, alles war sehr sauber, die Leute offen und hilfsbereit. Mit der nagelneuen Straßenbahn sind wir in die Altstadt zu unserer Unterkunft gefahren. Leider hatte unser Host versucht „Live Location Sharing“ für die Navigation in den kleinen Gassen zu verwenden, wir haben dann aufgegeben und die Straßennamen der Kreuzung durchgegeben und wurden dann abgeholt. Wir haben in einem Haus den obersten Stock ganz für uns, da konnten wir uns mal wieder entspannen, Wäsche waschen und ein bisschen die Seele baumeln lassen. 5 Minuten in die eine Richtung gab es eine kleine Gasse mit vielen Händlern, Gemüse, Obst, Brot, Milch und alles, was man brauchte, hat man dort bekommen. 5 Minuten in die andere Richtung konnte man schon die Festung am Hafen besichtigen. Die Leute haben uns dort sehr gut behandelt, man ist sich nicht als Tourist vorgekommen und auch Handeln war nicht notwendig. Wir hatten leider schon vorher das weitere Zugticket nach Fes gebucht (Aktionszugticket um 5€), sonst wären wir gleich noch einige Tage geblieben, aber wir hatten uns vorgenommen bei der Rückreise wieder für 2-3 Tage in Rabat Station zu machen.
Die Reise nach Fes mit dem Zug verlief ohne Zwischenfälle. Während der Fahrt fiel uns auf, dass das Land immer grüner wurde, es gab Wiesen, viel Getreide, Obst und sogar Kühe, ein starker Gegensatz was wir rund um Marrakesch oder Essaouria gesehen hatten. In Fes konnten wir schon fühlen, dass es etwas touristisch sei, aber bei weitem nicht so anstrengend wie in Marrakesch. Nach einigem hin und her haben wir unsere Unterkunft gefunden, einem kleinen blauen Eingang folgend, danach muss man den Buggy zusammenklappen, weil es so schmal wird und wenn man dann die Tür öffnet, befindet man sich in einem großen Haus. Dort haben wir mit der Familie unter einem Dach gelebt, konnten uns aber wegen fehlender Arabisch oder Französisch Kenntnisse nur rudimentär aber umso herzlicher verständigen. In der Altstadt waren wir unterwegs und auch und auch in der Umgebung haben wir uns das eine oder andere angesehen. Danach wurde spontan die Ausreise in einige europäische Länder von Marokko aus untersagt und auch auf der Straße konnten wir fühlen, dass wir nicht mehr so wirklich willkommen waren. Es gab ja auch zuvor schon den einen oder anderen „Corona“ Ruf aber seit es zum erstes Todesfall in Marokko kam, konnte man teilweise die Feindseligkeit uns gegenüber spüren. Wir haben dann überlegt was wir machen und unseren Rückflug um einige Tage nach vorne verlegt. Tags darauf sah es auch so aus, als würde die Ausreise nur noch nach Saudi-Arabien möglich sein und wir haben angefangen Pläne zu schmieden, die Botschaft zu kontaktieren und so weiter. Die Hauptideen waren mit einem Flug, mit möglichst wenig Zwischenstops, in die Nähe der Heimat zu kommen oder in Marokko für einige Monate sesshaft zu werden.
Tags darauf mache ich am Morgen zufällig die Webseite der Botschaft auf und dort steht, dass die letzten Österreicher heute Abend ausgeflogen werden und danach der Flugverkehr für längere Zeit eingestellt wird. Wir packen also schnell unsere Sachen, um den nächsten Zug zu erwischen. Wie immer passend hat Julien gerade sich und seine Umgebung völlig „kontaminiert“ und wir machen den gefühlt schnellsten Windelwechsel alle Zeiten. Danach geht es mit dem Taxi zum Bahnhof und dort fährt der Zug in 15Minuten. Ich laufe noch schnell zu einigen Läden um Essen und Getränke für die 6-7h Zugfahrt zurück nach Marrakesch zu bekommen. Es geht sich alles aus, der Zug fährt los und wir und Jause sind mit dabei. Dann gilt es herauszufinden wie das mit dem Flug wirklich ist, also schauen wir die Abflugliste des Flughafens durch und hurra, um 20:50 fliegt ein Flieger nach Wien aus, der muss es sein, das geht sich aus. Wir geben die Info weiter und müssen uns auch noch beim Außenministerium auf eine Liste setzen lassen. Am Flughafen angekommen finden wir eine lange Schlange wo viele Leute auf ihre Tickets warten. Die Flughafenangestellten sind etwas überfordert, aber stellen Tickets aus, soweit so gut. Einige Stunden später kommen einige Botschaftsangestellten dazu und bringen Neuigkeiten mit, es gibt nicht genügend Platz, nur Österreicher werden ausgeflogen, Kinder und alte Leute werden vorrangig behandelt. Wir überlegen kurz was wir machen und ich sag wir fliegen entweder alle oder niemand. Die Leute werden immer ungeduldiger und fangen an zu schieben, ich fühle mich wie auf einem Rockkonzert, von Corona-Maßnahmen fehlt weit und breit jede Spur. Ich schicke dann meine Frau mit dem kleinen zur Seite und spreche einige verantwortliche Personen direkt an, ich bekomme „Baby Präferenz“ und wir dürfen angeblich alle fliegen. 25 Minuten später hat die Damen am Schalter es dann auch geschafft uns einzuchecken und wir haben die Tickets, hurra. Bis der Flug dann tatsächlich geht, ist es weit über Mitternacht, wir sind müde aber glücklich. Aktuell befinden wir uns zuhause in quasi freiwilliger Heimquarantäne, wir vermissen Marokko und werden hoffentlich nächstes Jahr wieder kommen können.